Ich versuche, Vergebung zu üben. Wohlgemerkt, ich übe sie. Seit einigen Tagen geht mir der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf, dass jedes Vergeben ohne die Erfahrung des HG und die Illusion der Welt sinnlos ist.
Wenn etwas passiert ist, was ich nicht gut heiße, bedeutet Vergebung ja nicht, dass ich es als gut empfinde. Aber solange ich mich als Körper in dieser Welt erfahre, gibt es halt super viele Dinge, die ich negativ beurteile. Und mit diesem Urteil geht automatisch ein schlechtes Gefühl einher. Somit kann ich diese Gefühle ja nur abgeben, wenn ich wirklich einmal die Erfahrung gemacht habe, dass diese Dinge gar nicht geschehen sind.
Momentan bin ich darüber wirklich verzweifelt.
Was soll oder kann ich tun.... ?
Grüße von Amy
Hallo Amy, da hat sich ein bisschen was verknotet.
Du sagst sehr richtig, dass Vergeben etwas ist, das geübt werden muss. Das ist wahr im wörtlichen Sinne. Vergeben ist einer Technik vergleichbar, die wir auch immer wieder vollführen müssen, bis sie schließlich "sitzt".
Nehmen wir einmal an, Du wolltest Pilotin werden. Du müsstest Dich sicherlich eine ganze Menge Stunden mit der Theorie des Fliegens befassen, bevor man Dich zum ersten Mal mit einem echten Flugzeug in die Luft gehen lässt. Und Du würdest sicherlich nicht behaupten, dass Du das Fliegen erst lernen kannst, wenn Du die Erfahrung gemacht hast, ein Flugzeug zu fliegen und weißt, wie es sich anfühlt, über den Wolken zu sein.
Deshalb ist die Reihenfolge auch in der Regel üben, üben, üben (immerhin 365 Lektionen, ein ganzes Jahr!) oder auch: erst die Bereitschaft, dann die Meisterschaft.
Und nun zur Änderung im Denken, dem Ziel der Geistesschulung.
Nehmen wir mal an, jemand hat Dir beim Einparken den Parkplatz weggeschnappt, obwohl Du schon den Blinker gesetzt hattest, und er grinst Dich noch an, weil er scheinbar genau weiß, dass er Dir den Platz weggeschnappt hat. Du ärgerst Dich und fühlst Dich "automatisch" schlecht.
Wenn Du sagst, dass es eben viele Dinge gibt, die Dich schlecht fühlen lassen, solange Du Dich als Körper in dieser Welt erfährst, beschränkst Du die Möglichkeiten des Heiligen Geistes. Auf die Situation bezogen würdest Du in etwa sagen: "In einer solchen Situation kann man nichts anderes empfinden als Ärger." Und das stimmt nicht! Ärger oder schlechte Gefühle sind keine Automatismen, sondern Auswirkungen der Entscheidung für ein Denksystem, das uns seine Sichtweise nur allzu gerne als einzig mögliche verkaufen möchte.
Du wirst die Erfahrungen, die mit der Entscheidung für das Denksystem des Heiligen Geistes einhergehen, allerdings erst dann machen, wenn Du Dich
immer wieder für dieses Denksystem entscheidest. Du akzeptierst keine "automatischen" Gefühle mehr, sondern betrachtest Deine Gefühle als nützliche Hinweise darauf, welchem Denksystem Du gerade folgst.
Allmählich wird sich dann sozusagen Dein Reiz-Reaktionsmuster ändern: Dir hat ein anderer Autofahrer grinsend den Parkplatz weggeschnappt? Ärger steigt auf? Ärger? Aha, mit welchem Denksystem bin ich also gerade verbunden? Dem Ego-Denksystem! Also heißt der nächste Schritt: Stopp! Dieses Stopp unterbricht den Automatismus. Du bringst Dich nun in die Postion, dass Du noch einmal wählen kannst.
(Die Tools
"Vergebungsset" und
"Drehbuch" können Dich übrigens bestens darin unterstützen, die Ärger-Reaktionsschraube
anzuhalten.)
Mit Deiner Bereitschaft, einen "Automatismus" nicht mehr zu akzeptieren, hast Du schon einen ganz entscheidenden Schritt getan. Nun kannst Du den Heiligen Geist bitten, Dir zu helfen.
Die Hilfe des Heiligen Geistes macht Dir nach und nach immer öfter deutlich, dass es sehr wohl möglich ist, eine andere Wahl zu treffen, dass es sehr wohl möglich ist, sich als geistiges Wesen zu erfahren, das mit seinen Brüdern verbunden ist.
Erika