"AH" - unspektakulär

[Otmar]

Letzte Woche mußte ich mir im Büro viiel Zeit nehmen für einen sehr unangenehmen Kunden. Der hat mich das letzte Jahr über schon einige Male zur Weißglut gebracht. Aber ich rücke jedesmal ein Stück weiter ab von meinem Bild über ihn. Ich find ihn noch immer unmöglich, aber trotzdem bin ich im Frieden, weil ich weiß, wir spielen hier alle unsere Rollen, total bedeutungslos, eigentlich sind wir alle LIEBE.
In der Diskussion, wo's um argumentieren, erklären, Schwachstellen suchen usw. geht, vergeß ich es immer wieder. Dann begegnen sich wieder die Augen, oder wir stehen auf, oder irgendwas ist, und ich sehe wieder den BRUDER. Gleichzeitig ist mir bewußt, der kann morgen in seiner Rolle, die er da spielt, anrufen und meine Vorschläge akzeptieren und er kann genauso gut morgen seinen Geschäftsführer aktivieren und mir Schwierigkeien bereiten...
Also, was ich sagen will: Außenstehende sehen nicht, daß ich meinen BRUDER liebe, die sehen durchaus Spannungen, harte Verhandlungen zwischen uns.
Und so sei es.
Ich möchte einfach immer öfter mir der LIEBE als die einzige Wirklichkeit bewußt sein, geschehe, was auch immer sonst (scheinbar) geschieht - dieses Geschehn wird nicht immer gleich harmonisch, muß es auch nicht werden, aber wird zumindest unaufgeregter.
LG
Otmar

[Anne]

Dann begegnen sich wieder die Augen, oder wir stehen auf, oder irgendwas ist, und ich sehe wieder den BRUDER.

Dieser Satz hat mich gerade angesprochen.

Ich habe mit einem anderen Menschen ein Problem, ich kann sein Verhalten nicht akzeptieren, es bringt mich gerade aus der Fassung. Doch wenn ich diesem Menschen in einem bestimmten Augenblick in die Augen sehe, erlebe ich oft ein tiefes Verstehen, auch wenn an der Oberfläche noch der Groll überwiegt, und ich nicht akzeptieren und vergeben kann.

Auf tieferer Ebene hat die Vergebung schon stattgefunden, weil in Wirklichkeit ja auch nichts geschehen ist, dass kann ich dann in meinem Inneren fühlen. Obwohl mein Ego noch muckt, und lieber im Groll bleiben möchte.

LG  Anne

[Hannes]

Das hab ich so noch nicht erlebt...Oben Ego und unten Liebe. Es ist entweder "Licht aus" oder "Licht an". Wenn die alten Muster mich packen, dann packen sie mich ganz. Dann schnüren sie mich völlig ein, drücken mir die Luft ab und führen zu einem irren Angriffspotential. Die einzige Chance finde ich im Beiseitetreten. In der Frage "Was machst du denn da grade?" Wen vermöbelst du denn da? Hör damit auf, es tut weh. Mir tut es weh. Was möchtest du eigentlich genau jetzt fühlen?

Wenn ich dem Amoklauf diese oder ähnliche Sätze in den Weg werfe, stolpert er augenblicklich. Anfangs dachte ich, das sieht doch jetzt bescheuert aus. Erst so, dann so. Du machst dich vollkommen lächerlich. Scheint aber nicht so anzukommen, die Dinge entwirren sich rasch. Ich entwirre mich rasch.

Wirklich wie mit dem Lichtschalter. Manchmal schalte ich es aus, um noch mal zu erleben, wie ich mich in der Dunkelheit fürchte.

[Anne]

Das hab ich so noch nicht erlebt... Oben Ego und unten Liebe.

Oben Ego unten Liebe

Ich weiß heute, wenn ich es mit einem Menschen zu tun habe, der um sich schlägt, der sich fehlverhält, der wütend ist, der mich oder andere angreift, dass er in Wirklichkeit leidet. Früher hatte ich Angst vor solchen Menschen. Heute weiß ich, dass sie sich in Wirklichkeit selbst verletzen. Und wenn ich ihnen in die Augen blicke, dann sehe ich was los ist, sehe die Liebe die sie eigentlich wollen, sehe was sie in Wirklichkeit sind.  Ich übe mich in Annahme und Akzeptanz, ich übe mich darin, den anderen so anzunehmen, wie er gerade ist. Er kann sich gerade nicht anders verhalten, doch ich kann mich anders verhalten, ich kann ihn so annehmen, wie er ist.

Doch da mein Ego noch aktiv ist, flüstert es mir immer wieder ein, dass ich doch lieber im Groll bleiben sollte, und dass der andere gefährlich ist.

Doch auf tieferer Ebene weiß ich, dass es in Wirklichkeit nur die Liebe gibt, dass es weder meinen Groll gibt, der in Wirklichkeit Angst ist, noch den Groll des anderen gibt, denn auch beim anderen ist es nur Angst.

LG
Anne

[Otmar]

Lieber Hannes !
Das verunsichert mich auch noch manchmal, dieses gleichzeitige Ego-Gehabe und LIEBE-Grundstimmung.
Aber es ist kein Ego-Gehabe (oder immer seltener eines), das selbst will, das verurteilt, usw. es ist einfach ein irgendwas machen in der Welt, was von mir eben erwartet wird oder passend erscheint, wie ein Schauspieler, der zwar nicht mehr überzeugt mitspielt, das Stück aber auch nicht unbedingt "schmeißen" will.
Genau so, wie ich ja auch noch mit meinem Körper erscheine, den die Leute sehen können - wie könnte ich da auf 100%ig "heilig" tun ?
Ich weiß ja igendwie, daß ich's BIN (;))
lg
Otmar