In einer privaten Kursgruppe, die ich gestern besuchte, stellten wir uns bis zum nächsten Treffen die Aufgabe, zu berichten, wie bzw. wie lange in der Früh / im Laufe des Tages es uns gelungen ist, folgende Übung durchzuhalten:
„Ich verfolge heute keine eigenen Pläne, sondern lade immer den Heiligen Geist mit seiner Schau der Dinge ein und lasse so dem Heilsplan Gottes seinen Raum.“
Ich begann mit diesem Vorsatz schon beim Schlafenlegen. Ich wollte auch im Schlaf und beim Träumen keine eigenen Pläne verfolgen. Ich hatte eine ruhige, erholsame Nacht ohne aufregende Träume.
Auch beim und nach dem Aufwachen war ich ruhigen Geistes und erneuerte immer wieder meinen Vorsatz.
Ich sah vom Bett aus, dass die Markise auf unserer Terrasse halb ausgefahren war, wie ich es gestern mittags einrichtete, damit ich an meinem Schreibtisch im Wohnzimmer nicht von der Sonne geblendet wurde. Ich dachte mir: „Das ist nun schon der 2. Tag, dass ich vergaß, sie über Nacht einzuziehen. Gott sei Dank ist nächtens kein starker Wind oder Regen aufgekommen.“
Die Morgentoilette spulte ich wie automatisiert ab.
Bis ich mich an meinen Schreibtisch setzte und meine Frau erwartete, die von einem frühmorgendlichen Flohmarktbesuch heimkam, kann ich mich an kein besonderes Pläneschmieden erinnern.
Natürlich kamen immer wieder Alltagssorgen in mein Bewusstsein: „Ah, heute kaum Gliederschmerzen beim Aufstehen – ob das länger so bleiben wird ?“, „Ah, ein Butterkäsebrot wäre jetzt schon gut, aber ich mache ja mein Intervallfasten“, "Was werde ich beim nächsten Ambulanzbesuch sagen ?" oder „Anni ist ja am Flohmarkt, hoffentlich bringt sie nicht zuviel unnötiges Zeugs mit heim“.
Aber ich sann diese Gedanken nicht weiter - „Unrat vorbeischwimmen lassen“ und auf den Heilsplan Gottes vertrauen war die Devise.
Als meine Frau heimkam, sah sie schon vom Vorzimmer aus, dass die Markise auf der Terrasse ausgefahren war. „Hast du gestern schon wieder vergessen, die Markise einzuziehen ?“ sagte sie.
Da fühlte ich mich kurz angegriffen. „Ich war ja gestern Abend gar nicht zuhause, hättest das Du nicht auch machen können ?“ dachte ich mir. Aber bevor ich das noch aussprach, sagte ich innerlich „STOP“ zu mir - „keine Urteile“. Und ich ließ nur ein bedauerndes „hmm“ von mir hören, „na, wie war‘s bei Dir ?“.
Das wurde bis jetzt (14 Uhr) ein ziemlich harmonischer Tag.
Auch als mein Sohn mit seinen 2 Buben zum Mittagessen kam, blieb diese Stimmung erhalten, nur 1 kleiner Vorfall ist mir in Erinnerung: Meine Frau hatte eine Grießnockerlsuppe und gekochtes Rindfleisch mit Kohl und Salzerdäpfel gekocht. Als sie die Suppe servierte, fragte sie den älteren Enkelsohn (3 1/2 Jahre), ob er auch eine Grießnockerlsuppe wolle, weil er sich nicht zu Tisch setzte sondern irgendwas weiterspielte. „Nein“ sagte er. Wir anderen begannen zu essen und meine Frau wollte noch 3 – 4 mal Lorenz die Grießnockerlsuppe schmackhaft machen, weil sie wußte, er ißt sie gerne. Schließlich haben wir anderen den ganzen Topf Grießsnockerlsuppe aufgegessen und mit dem Kohlgericht begonnen. Nun kam plötzlich Lorenz und wollte seine Grießnockerlsuppe. Davon war nun aber nichts mehr übrig. „Ich will eine Grießnockerlsuppe !“ schrie er immer wieder, obwohl wir ihm erklärt hatten, dass wir sie aufgegessen hatten, weil er ja immer wieder abgelehnt hatte. Da riss mir irgendwann die Geduld und schrie ihn an: „Geh‘ zu Deinen Spielsachen und lass uns jetzt in Ruhe essen !“ „Dort kannst Du von einer Grießnockerlsuppe träumen“ schob ich noch nach.
Mein Sohn sagte dann „Reden wir von was Anderem“ und er richtete Lorenz was vom Hauptgericht an und versuchte es ihm schmackhaft zu machen.
Ich hielt mich dann zurück, aber jetzt, beim Aufschreiben dieses Vorfalls, fällt mir erst auf, dass ich bis jetzt der Überzeugung war, recht zu haben. Nun vergebe ich mir das ausdrücklich.
Wenn ich nun nachträglich den geschilderten Zeitraum überblicke, um die Einhaltung meines Vorsatzes, mich heute völlig dem Heilsplan anzuschließen, zu überprüfen, sehe ich, es gibt verschiedene Abstufungen von Recht- und Falschgesinntheit. Spätestens beim Mittagessen fühlte ich mich nicht wohl und spätestens da folgte ich meinen eigenen Plänen.
Die Methode der Gewaltfreien Kommunikation von Marshall Rosenberg z. B. kann sehr hilfreich sein.
Wirklich erlösend wirkt sie aber nur, wenn sie in die kursmässige Vergebung mündet.