Mir hilft es, mir immer wieder klar zu machen, dass niemand absichtlich etwas tut von dem er meint, dass es nicht gut sei. Jeder ist davon überzeugt, dass die eigene jeweilige Reaktion richtig und angemessen ist. Auch dann, wenn ich dessen Handeln als Angriff erlebe. Es mag so sein, dass diesem schon Sekunden später die Einsicht dämmert, dass die Reaktion vielleicht doch nicht so gut war, aber dann ist es bereits geschehen.
Das kann man an sich selbst sehr gut beobachten. Auch du, Dieter, möchtest ja gerne erreichen, nicht mehr so spontan von etwas heruntergezogen zu werden, aber es fällt dir schwer. So wie auch mir häufig. Und das, was da so eben mal die Oberhand über dein Fühlen gewinnt, ist natürlich Freund Ego.
Daher hat ein durchschnittlicher (im Sinne von "nicht geistig geschulter") Mensch überhaupt keine Möglichkeit, es einfach anders zu machen und z.B. nicht zu sagen: "Dieter, du musst mehr im Haus machen". Dahinter stecken Überzeugungen und wahrscheinlich auch das Gefühl, im Stich gelassen zu werden, ausgenutzt zu werden o.ä., was alles auf Verletzung hinausläuft.
Und wie der Kurs ja darlegt, gehört es zu unseren nur mühsam verlernbaren Überzeugungen, wir müssten uns durch Angriff gegen diese Verletzungen schützen. Daraus resultiert diese Wucht, mit der manchmal lächerlich anmutende Streitpunkte unter Eheleuten ausgetragen werden. Ohne enstprechende Geistesschulung, der die Einsicht vorausgeht "dass es einen anderen Weg geben muss", ist es nicht möglich, dem Einfluss des Ego zu enkommen, weil die Überzeugung, dass die Gegenwehr sein muss, mit der Macht der Verletzbarkeit korrespondiert. Je mehr Schmerz da ist, umso größer wird der Drang sein, zu projizieren.
Wir stehen also alle, ohne Ausnahme, unter dem Diktat ein- und des gleichen Einflusses - Freund Ego. Und wie gesagt, für mich ist es hilfreich, mir das immer wieder klar zu machen. Macht uns das Tun des anderen wütend, erreicht das Ego sein Ziel und hält uns auf Distanz zueinander. Und natürlich nimmt mein Ggenüber meine ebenfalls angriffige Reaktion für den Beweis, dass da tatsächlich Angriff im Spiel ist - ganz wie vermutet und geglaubt.
Es gibt einfach gar keine andere Möglichkeit als Vergebung, will man dieses sinnlose Treiben unterbrechen. Wer kennt nicht die stundenlangen Diskussionen mit dem Partner im Streitfalle, in denen es aber nur darum geht klarzustellen, dass der andere angegriffen hat und ich mich ja schließlich nur gewehrt habe. Aber nie führt eine solche Diskussion zu einem konstruktiven Ergebnis, auch wenn das vorübergehend so ausssehen kann, wenn man sich schließlich ermattet versöhnt.
Lukas