Ich bin sehr kurzentschlossen am Samstag früh nach Wien gedüst, nachdem ich zuerst ein paar Tage mit meinem Ego gerauft habe, das mir auf die schon bekannte und übliche Weise einreden wollte, dass es das nicht braucht, weil : " es ist ja sowieso nie etwas geschehen, also gibt`s auch nichts zu tun! Du kannst ruhig zu Hause bleiben."
Das Thema, das ich mitgenommen habe, war (wie schon öfter mal) mein Sohn und seine Lebensweise und mein Konflikt damit.
Ich finde es faszinierend, wie deutlich bei der Arbeit mit dem inneren Team das wird, was sich in meinem Kopf so alles abspielt, welche Gedanken immer wieder kommen und einem Brei von Gefühlen und Verhaltensmustern produzieren.
Ich durfte in Wien neben ein paar Anteilen / Verhaltensmustern, die mir schon bekannt waren, etwas sehr Spannendes entdecken:
angefangen hat es damit, dass klar wurde, dass es eine Innere Stimme in mir gibt, nämlich : "die Betrogene, Enttäuschte" , die wütend und frustriert ist, wenn sie immer wieder angelogen wird. Der Ehrlichkeit sehr, sehr wichtig ist und Mitgestalten können und Respekt und Austausch.
Da tauchte das erste Mal das starke Bedürfnis nach Ehrlichkeit und offenem Umgang auf. Und gleichzeitig wurde klar, dass ich keine wirklich zielführende Strategie hatte, damit umzugehen.
Richtig interessant wurde es dann, als eine weitere innere Stimme, ein inneres Team - Mitglied auftauchte:
" die Ehrbare" hieß sie zuerst. Der ihre Reputation wichtig ist, und dass ja keiner davon erfährt, was der Sohn so treibt. Weil es könnte sich ja nachteilig auf mich und die Praxis auswirken. Und schließlich wurde klar, dass das eigentlich eine "Scheinheilige" ist, die den Schein wahren will, wie gut sie klar kommt.
Und dann fiel es mir wie Schuppen vor den Augen: das brauch ich ja gar nicht zu sein! Gerade mein Erzählen von meinen eigenen Erlebnissen und meine Ehrlichkeit schätzen meine Patienten. Dass ich mich nicht auf ein Podest stelle und verkünde, wie es theoretisch geht.Das ganze Theater ist völlig unnötig! Das war eine große Erleichterung für mich, das kann ich Euch sagen.
Die Strategie der Scheinheiligen war es, das Ganze unter den Teppich zu kehren, sowohl nach außen hin ( oh je, die Nachbarn) als auch in Bezug auf die Vergebungsarbeit.
Ich war, was meinen Sohn betrifft, immer im Zwiespalt: wenn ich mich damit beschäftige, mach ich das Problem dann nicht wahr? Ich hatte richtiggehend Angst, mich damit intensiver zu beschäftigen. Es könnte ja noch schlimmer werden.
Jetzt, nachdem der Brei der inneren Stimmen, die etwas zum Thema zu sagen haben, geordnet ist, und nachdem die Riesenangst vor " Entdeckung" kein Thema mehr ist, kann ich reagieren, wenn ein inneres Team- Mitglied sich meldet.
Irgendwo habe ich im Kurs, oder in Zusammenhang mit dem Kurs mal gelesen: "Wie soll ich Dich unterrichten, wenn Du mir keine Übungsaufgaben bringst" oder so ähnlich. ( Vielleicht kennt ja jemand die Stelle)
Dafür finde ich das Tool des inneren Teams extrem hilfreich und einfach auch nett mit den Figürchen, die man da vor sich hinstellt, den Hundis , Schäfchen, Wuscheltieren usw.
Da, wo ich mit Gefühlen, wie z.B. Unruhe, Angst, Ärger reagiere, bringt das Ordnung in den Wust aus Gedanken und Gefühlen. Damit ich sie identifizieren und dann konkret vergeben kann. So war , im Ungeordeten, die Angst viel zu groß.
Die Stimmen identifizieren und sie als Figürchen vor mich hinstellen und sie mal plappern lassen, was sie so denken und wollen. Einen Namen für sie finden und sie damit nicht mehr einfach vor sich hinwurschteln lassen. ( sie melden sich ja immer, also kann sie mir ruhig mal konkret anschauen). Und dann auch wirklich sehen: das bin ich nicht!! Das ist ein Holzschaf! Eine Figur, die da steht und plappert.
Ich hab jetzt ein Bild dafür und kann mir das nächste Mal, wenn diese Stimme sich meldet, überlegen, ob ich mich mit ihr identifizieren will.Ich bin ihr nicht mehr so ausgeliefert und frei, zu vergeben.
Ich habs jetzt auch schon ein paar Mal mit anderen Themen und auch in der Praxis verwendet und es findet immer ein Prozess statt, der klärend und hilfreich ist. Man kommt sich selber auf die Schliche und kann dann mit dem Heiligen Geist draufschauen.
Insgesamt: Vielen Dank für diesen Tag. Mir ist vieles klar geworden.
Und eine sehr angenehme Nebenerkenntnis: "Ich bin kein Körper, ich bin frei"
stimmt tatsächlich. Samstag Früh nach Wien mit dem Auto, Samstag Nachmittag Kursgruppe, am Sonntag von 10.00 bis 17.00 Uhr Workshop, danach 5 Stunden Fahrt nach Hause - kein Problem. Das Auto fuhr, der Körper hat einfach funktioniert. Ohne aufzumucken tat er das, was er tun sollte: er hat mich sicher nach Hause gebracht.

Jutta